Wendlinger Zeitung, Dez 99
von Ingo Brucker
Steinfigur Lemmy hat einen ruhigen Platz gefunden
"Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" macht mit Steinfiguren auf sich aufmerksam
Köngen/Wendlingen - Wer kennt sie nicht, die Natursteinfiguren in Köngen und Umgebung? Und wer hat sich noch nicht die Frage gestellt, woher die Figuren kommen, wer sie zusammengestellt hat? Neugierig geworden ist auch unser freier Mitarbeiter Ingo Brucker. Er hat sich mit den Mitgliedern des Vereins getroffen, sie bei ihrem Tun beobachtet und seine Eindrücke in folgendem Bericht festgehalten:

Ich hab da was erfahren - die Figuren sollen von einem Verein mit dem seltsamen Namen "Verein gegen unterdrückte Lebensfreude" stammen. Kenne ich nicht. Ein Verein mit diesem Namen in Köngen? Und den soll es anscheinend schon zehn Jahre geben? Die Macher dieser Gruppe sollte man mal kennen lernen. Wie es der Zufall will, flattert eine Einladung mit dem Titel "Hakle Bunt & Freunde" von der Litop KG ins Haus. Jetzt versteh ich gar nichts mehr. Ich kann mir darunter nicht virl vorstellen. Hygieneartikel mit einem ähnlichen Namen sind mir ein Begriff, aber eine Ausstellung darüber? Und der zweite Name Litop KG? Die Ausstellung soll in Wendlingen stattfinden, im Atelier 21 in der Wertstraße. Da bleibt nichts anderes übrig, als dort vorbeizuschauen.

Ein Atelier ist es nicht, das den Besucher in der Wertstraße erwartet. Eher ein Hinterhof, der als Lagerplatz dient. Metallgestelle und große Steinbrocken liegen herum. Wo ist die Ausstellung? In einem Hinterhof direkt an der Bundesstraße 313?
Dann eröffnet sich die Möglichkeit, mit den Machern des Vereins einen Termin auszumachen, an dem eine neue Steinfigur in Köngen aufgestellt werden soll. Wir treffen uns um die Mittagszeit am Aufstellungsort, am großen Kreisverkehr vor dem Café Eisele. Als ich ankam, sah ich schon schweres Gerät herumstehen. Zwei Lastwagen, auf einem davon die neue Steinfigur, auf dem anderen Natursteine, Humus, Beton und Werkzeuge. Und dann war da noch ein großer Bagger. Irgendwie musste ja die rund 1,5 Tonnen schwere Figur transportiert werden. Jochen Maier, der zur Litop KG gehört, liefert die erforderlichen Erläuterungen.
Litop KG, was heißt das, wie kam der Name zustande?
Litop scheint aus dem Griechischen zu kommen - lithos, Stein. Doch was könnte KG heißen? Die Macher dazu selbst: "KG kommt von Kunstgruppe oder aber von Klopfgruppe." Mir kommt die Bezeichnung etwas exotisch vor, genauso wie die Vereinsmitglieder selbst. Wer diesen das erste Mal begegnet, hat das Gefühl, die Gruppe schon ewig zu kennen. Diese Leute machen ihrem Vereinsnamen alle Ehre, haben ihren Spaß, sind immer gut gelaunt und geben diese Laune auch an andere Menschen weiter. Die Laune wirkt also ansteckend. Jochen Maier erzählt bereitwillig davon, dass sich die Litop KG in der Sommerzeit fast wöchentlich im Atelier trifft. Es werden neue Pläne geschmiedet. Die Treffen gelten aber nicht nur dem Schmieden neuer Pläne, sondern auch der Umsetzung. Natursteine, Metall, Beton und altes, unbrauchbar scheinendes Gerät, das nur witterungsbeständig sein muß, werden als Materialien für die Kunstwerke zusammengetragen. Doch wer glaubt, man nehme ein bisschen Beton, ein paar Steine, etwas Metall, und schustere es kurz zusammen, der täuscht sich gewaltig. Natursteine sind ausgesprochen harte Brocken, die oft sogar mit dem Preßlufthammer bearbeitet werden. Der Grundbaustein einer Figur ist immer eine Betonplatte, auf der dann die Figur aufgebaut wird. Ist die Figur fertig, wiegt sie schnell mal bis zu drei Tonnen.
Doch zurück zum Standort am Kreisel. Die Figur war, als ich ankam, noch mit Seilen auf dem Lastwagen festgezurrt. Jochen Maier begann gemeinsam mit seinem Team die Aufsatellung vorzubereiten. Zu allererest musste ein im Weg stehendes Auto beseitigt werden - auf unkonventionelle Art, wie es zur Gruppe durchaus passt: mit Hilfe des Baggers und eines Stahlseiles wurde das Fahrzeug um wenige Meter versetzt.
Jetzt ging es zur Sache. Jochen Maier war für den Bagger zuständig, die restlichen für die richtige "Pose". "Lemmy", so wurde die Figur von den Herstellern getauft, wurde mit dem Bagger vorsichtig vom Lkw genommen. Vorsicht war geboten, damit der Steinkoloss nicht das Gleichgewicht verliert. Lemmy wurde an seinem zukünftigen Standort abgelassen. Millimeterarbeit musste verrichtet werden. Die Figur sollte nah an der Hauswand stehen, diese aber nicht berühren. Da mit Lemmys Standfuß, die Betonplatte, den Besuchern des Cafés nicht "ins Auge springt", wurden im Halbkreis darum herum Natursteine angeordnet, mit Humus aufgefüllt und bepflanzt. Erst dann wurde Lemmy seine Gitarre in die Hand gedrückt. Und natürlich darf auch das Mikrofon nicht fehlen.
Die Arbeit war getan und traditionell ging die Gruppe abends dazu über, den neuen Standort zünftig zu feiern. Da wundert es nicht, dass Musiker, die sich zur Probe getroffen hatten, kurz entschlossen mitfeierten und so für eine fröhliche und tolle Stimmung sorgten. Und das bei eisigen Temperaturen im Freien. Ob Lemmy jetzt der Köngener Jupitersäule, die den Kreisel in seiner Mitte ziert, Konkurrenz macht?

 

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